Montag, 25. Mai 2009


14 Sunden auf einem Riesenfloss, Toiletten bei denen automatisch Wasser kommt und auf einmal alles weg ist, Treppen die sich bewegen, Kabinen die rauf und runter gehen und grosse Vögel, in denen Menschen sitzen… ungefähr so scheint es für ein Mamanuamädchen zu sein, welches das erste mal in eine Stadt fährt.

Nachdem ich über Neujahr nach Cebu gereist bin, habe ich mich am Freitag entschieden, einen Sprachkurs zu besuchen um noch besser mit den Einheimischen kommunizieren zu können. Da dann am Sonntagmorgen mein Wecker wieder mal nicht funktioniert hat und mein Flug um 5 Uhr morgens nach Davao startete, war ich schon ganz schön nervös als ich erst um viertel vor 5 am Check In stand - aber da lassen sich die Philippinos nicht aus der Ruhe bringen. Am gleichen Tag habe ich dann in der scheinbar flächenfmässig grössten Stadt der Welt noch ein Zimmer gefunden. Der Montagmorgen begann dann gleich mit dem Singen der philippinischen Nationalhymne. Das Stadtleben hier in den Philippinen ist ganz anders als das Landleben. Die Städte hier sind sehr amerikanisiert. Sobald man in ein Einkaufszentrum kommt, das natürlich auf antarktische Temperaturen herunter gekühlt ist, wird man mindestens zehn mal mit „hi mum“, „good morning mum“, „yes mum“ begrüsst. Am Eingang wird man abgetastet, die Tasche wird aus Sicherheitsgründen zuerst untersucht und wenn man was kauft, wird die Plastiktüte zugeschweisst. Überall in der Stadt fahren diese lustigen Jeepneys (alte Jeeps, welche die US-Amerikaner nach ihrem Abzug von den Philippinen zurückgelassen haben und nun als öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden) herum, von denen es natürlich keinen Plan gibt, woher sie kommen und wohin sie fahren. Die Taxis fahren kreuz und quer, wer hupt hat Vortritt. Es gibt viele Fastfoodcorner wie MC Donalds oder Jollibees, in denen es natürlich Reis (no rice, no meal!!!) gibt, rotes Bananenketchup, süsse Spagetti etc. An vielen Orten wird man gefragt: „Can I take a picture with you?“ oder von einem Polizist an der Strassenecke:”Can I have your Number?” Davao ist übrigens sehr bekannt für Durian, eine sehr stark riechend/stinkende Frucht, die dank ihren Stacheln durchaus tödlich sein kann wenn sie vom Baum fällt. Es ist schwierig sie zu transportieren da man sie von weitem riecht und die Philippinos mögen sie entweder sehr gerne oder sie halten sich schon aus mehreren Kilometern Entfernung die Nase zu.

Als ich dann zurück nach Surigao geflogen bin, konnte ich den Kindern endlich ein paar einfache Geschichten auf Cebuano erzählen und mit ihnen über Dinge wie ihre Berufsträume sprechen. Die meisten unserer Mamanuakinder wollen Krankenschwester oder Lehrer werden aber auch Ingenieur oder Sänger. Da die Finanzen für dieses Projekt sehr knapp sind haben wir für eine Woche versucht, dass die Kinder ihr Essen von den Bergen mitbringen und sich selber versorgen. Ein völliger Fehlschlag! Nach dem ersten Tag war schon alles leergegessen, am zweiten und dritten Tag wurde gehungert und am Donnerstag sind dann alle in die Berge zurückgekehrt. Zum Morgen und Mittagessen bekommen sie Reis mit einer Beilage. Die Mädchen lassen immer noch etwas Reis übrig, den sie dann am Abend mit viel Wasser kochen. Die Jungs dagegen hungern. Einmal haben wir von einer Organisation Cornflakes bekommen. Wow! Endlich mal Nahrung, die den Kindern sogar schmeckt! Falsch gedacht! Die Cornflakes wurden als Hühnerfutter bezeichnet und aus Protest sind sie alle zurück in die Berge gegangen. Wie so fast alles wurden sie dann natürlich erstmal aufgehoben bis es darin gekrabbelt hat. Dann gab’s für uns eben Cornflakes mit „Fleisch“ und Wasser (für mich aber trotzdem eine willkommene Abwechslung). Am Wochenende wird in den Bergen für die ganze Woche Holz gesammelt und gehackt. Wenn ich mit ihnen mitgehe, dann lächeln sie immer. Ich bin es mir nicht gewohnt mit einem grossen Messer Bäume zu fällen.
Die Kinder in den Bergen kommen nicht so regelmässig zur Schule. Wenn es regnet, haben sie keine Lust aus ihren Bambushütten (siehe Abbildung 1 und 2) zu klettern. Wenn wir ihnen dann aber einen Film auf dem Laptop zeigen, dann kommen plötzlich auch Erwachsene und die Hütte wird voll, dann hat niemand mehr Lust zu arbeiten. Dieser Stamm ist wirklich arm. Somit bedeutet Geld sehr viel. Wenn wir ihnen zum Beispiel Samen geben um etwas anzupflanzen, dann kommt es manchmal vor dass diese einfach verkauft werden. Sie spielen uns auch vor sie seien krank um Geld für den Transport ins Spital zu bekommen.

Häuser von Mamanuafamilien

Mitte April sind die Sommerferien losgegangen. Davor wurde der Schulschluss aber gründlich gefeiert. Die Schulkinder haben getanzt, gesungen und wurden von dem neuen Lehrer / neuen Lehrerin in die nächste Klasse willkommen geheissen.
Zum Schulschluss sind viele Eltern nicht gekommen. Somit gab es so ein par arme Tröpfe die ohne Eltern auf die Bühne gerufen wurden um ihre Zeugnis entgegen zu nehmen. Zum Glück konnte man ja dann noch Ate Tinay (=Christina) rufen. Dann bin ich eben eingesprungen. In jeder Klasse wird eine Rangliste erstellt. Die Besten erhalten Medaillen oder Auszeichnungen. Es ist dann ganz schön unfair, dass die Besten dann den höchsten Schulbeitrag bezahlen müssen. Wir haben uns alle gefreut, dass die meisten der Mamanuakinder eine Auszeichnung erhielten.

Toto hat 2 Medaillen und eine Auszeichnung bekommen


3. Klasse bei Schulschluss

Nach dem Schulschluss haben sich natürlich alle Kinder gefreut, für längere Zeit in die Berge zurück zu kehren. Hier hat sich die Lage in der Zwischenzeit sehr verschärft. Die Minenfirmen machen sich in diesem Gebiet schon sehr stark breit und haben den Mamanuas als „Entschädigung“ Geld gegeben. Für diese Leute ist Geld mehr wert als ein Menschenleben und es schreit alles danach! Somit ist es einfach, sie mit Geld zum Schweigen zu bringen. Sie haben jedoch nie die Chance bekommen, den Umgang mit Geld zu lernen, weshalb die ganzen 51Mio Pesos, die verteilt wurden, schon in wenigen Tagen in Fernseher, Karaokeanlagen, Motorräder, Mountainbike, Handys, Alkohol und Essen investiert wurden. Viele dieser Dinge waren nach kürzester Zeit schon nicht mehr zu gebrauchen. Auf die Farm ist niemand mehr gegangen. Doch wie wird die Situation nach einem Monat aussehen, wenn alle Essensreste aufgebraucht sind? Man kann sich gar nicht vorstellen, dass nun in Hütten, die zum Teil gar keine Wände haben (siehe Abbildung 2) ein Fernseher steht. Da ist es schön, wenn der Strom wieder mal ausfällt und Ruhe in die Siedlung einkehrt. Auch wenn schon vieles modernisiert ist, das Denken der Leute bleibt immer noch erhalten. Für mich ist es immer wieder lustig aber auch spannend, wenn die Leute Dinge wie Liebesgetränke verkaufen oder Geschichten von Gespenstern erzählen. Wenn ein Baby stirbt trägt auch der Wakwak (sowas wie ein Mensch der sich in einen Drakula verwandeln kann) Schuld daran. Wenn jemand das Essen bewacht, dann hat er Angst, dass jemand was reinmischt. Beim Verzehr würde man sich dann zum Monster verwandeln. Dann gibt es auch noch die Leute die kein Gesicht haben sollen, kleine Zwerge und natürlich die weisse Frau.

Der 18. Geburtstag einer Frau wird hier in den Philippinen sehr gross gefeiert (natürlich nur bei reichen Familien). Das ganze Dorf wird eingeladen, das Geburtstagskind kleidet sich wie eine Prinzessin, 18 Frauen haben 18 Kerzen und 18 Jungs haben 18 Rosen. Diese stolzieren dann paarweise auf die Bühne und jeder Junge übergibt dem Geburtstagskind eine Rose und darf mit ihr tanzen.

Vanessa feiert ihren 18. Geburtstag

Ostern wird hier auf den Philippinen auch eher etwas speziell gefeiert. Bei uns im Dorf haben sich die Leute am Karfreitag zum Glück nicht wie in anderen Orten der Philippinen ans Kreuz genagelt oder blutig geschlagen. Um den Kindern des Dorfes eine Freude zu machen, haben wir an Ostern Eier bunt angemalt und vor der Kapelle versteckt. Diesen Brauch kennt man jedoch in den kleinen Dörfern noch nicht. Das war ein völliger Fehlschlag! Die meisten Kinder haben noch nie bunte Eier gesehen und als sie ein so rundes farbiges Ding gefunden haben, wunderten sich natürlich alle, was da drinnen ist. Also wird das Ei zuerst mal auf der Strasse auf den Boden geknallt!

Eine Woche nach Ostern sind wir nach Cebu gefahren. Eines unserer Schülerinnen hat mit ihren 15 Jahren noch nie diese Region verlassen. Somit haben wir sie mitgenommen. Es muss für sie ein unglaubliches Abendteuer gewesen sein. Erst die 14 Stündige Bootsfahrt, dann in eine Stadt zu kommen, in der es viele Jeepnyes und ja sogar Taxis gab. Neben den Toilettenschüsseln steht kein Kübel voll Wasser, nein das Wasser kommt automatisch, wie aus dem Nichts und dann gibt’s da sowas, das man aufdrehen kann und es kommt Wasser von weit oben. Man braucht sich keine Kübel über den Kopf zu leeren um sich zu waschen. Aber noch viel interessanter waren die Einkaufszentren. Die Temperaturen sind auf einmal eiskalt, viele Menschen, Stockwerke! Und dann erst die Treppen, die sich bewegen. Das erste Mal drauf gesprungen fahren die Dinger hoch. Aber wie kommt man da wieder auf festen Boden? Es gibt auch Kabinen, in die man rein gehen kann (dummerweise hatten diese auch noch eine Fensterscheibe) und auf einmal fährt diese einfach nach oben! Auf einmal fliegt ein Riesenvogel am Himmel vorbei, in dem Menschen drinsitzen sollen… Ja und dann wird man von der philippinischen Bevölkerung auch noch gefragt: Which country are you from??? Obwohl man ja auch Philippinerin ist...

Anfang Mai bin ich nochmals nach Davao zu einem Zwischenseminar geflogen. Mit einem Jeepney sind wir auf die davorliegende Insel Samal gefahren. Uns wurde direkt am Meer ein Haus zur Verfügung gestellt. Es tat gut, sich mal mit anderen auszutauschen und über Dinge wie Kultur und Leute zu sprechen. Hier gab es zur Abwechslung nicht 3 mal täglich Reis sondern auch wieder einmal frisches Gemüse und Brot!

Heil auf der Insel mit dem Jeepney angekommen

Am Abend, Brot backen am Strand
Nun kommt es mir so vor als ob es mir gerade angefangen hat so richtig zu gefallen. Doch die Zeit rennt mir davon und ich möchte noch gar nicht daran denken, wenn ich von hier wieder zurück gehen muss!
Ich wünsche euch alles Gute und bis bald!
Ganz liebe Grüsse Christina

Ein Typisches Frühstück in den Bergen, Frösche und Reis, der Frosch wird dann aber auch mit Kopf, Haut und Augen gegessen


So sieht der Teller während des Frühstückens aus …

Iner und Jamil kamen auch mit Holz sammeln

In den Bergen beim Feuerholz sammeln

Unser „Schlafzimmer“ in den Bergen. In der Mitte hat es auch noch ein Plätzchen für mich. Nicht weil es hier oben kalt ist liegt man so eng zusammen sondern weil es einfach nicht mehr Platz gibt. Die Beine kann ich grade so ausstrecken ;-)

Die Schulkinder in den Bergen


Die Kinder beim Mittagessen

Ein geflügeltes Motorrad, das Transportmittel in den Bergen (hier passen bis zu ca 10 Leute drauf)

Eine Mamanuafrau fertigt eine Hängematte


Die Küche in den Bergen



zwei Mamanuafrauen mit ihren Kindern


Eine Mamanuafrau fertigt Schnüre

Mit den Kindern vor dem Dorm


Ein Mamanuamädchen kocht Abends im Dorm Reis mit viel Wasser
Die Mamanuamädchen am Abend im Dorm beim Hausaufgaben machen

Trysicles, die öffentlichen Verkehrsmittel in Surigao City

Pediküre beim Telefonieren vor dem „Kräuterhexenstand“ mitten auf der Strasse

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